Stellungnahme zur Veranstaltung “Meinung, Freiheit, Wissenschaft – der Umgang mit gesellschaftlichen Kontroversen an Universitäten” an der Humboldt-Universität zu Berlin

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Am 14. Juli 2022 erhob Jenny Wilken auf der Podiumsdiskussion “Meinung, Freiheit, Wissenschaft – der Umgang mit gesellschaftlichen Kontroversen an Universitäten” an der Humboldt-Universität zu Berlin mehrere falsche Anschuldigungen gegen die feministische Gruppe Radfem Berlin und Julia Beck. Wir verurteilen Wilkens Äußerungen als Versuch, den politischen Widerstand von Frauen zu unterdrücken, insbesondere in einer Angelegenheit, von der Frauen direkt betroffen sind.

Als Wilken aufgefordert wurde, den Vorwurf zu belegen, dass Marie-Luise Vollbrechts Vortrag “Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht: Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt” transphobe Aussagen enthalte, brachte Wilken sie mit der Berliner Gruppe Radfem Berlin (RFB) und mit unserer politischen Schwester und Freundin Julia vom Radfem Kollektiv Berlin (RKB) in Verbindung.

Radfem Berlin und Radfem Kollektiv Berlin sind zwei separate Gruppen, die sich aus Frauen unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammensetzen und antirassistische Grundsätze mit einer pro-Lesbischen und radikal-feministischen Perspektive vereinen. Dennoch suggerierte Wilken, dass Marie-Luise Vollbrecht sich der Transphobie schuldig gemacht habe, weil sie über Radfem Berlin mit Julia Beck in Verbindung stehe. Mit der Behauptung “Julia Beck ist aus der Heritage Foundation” implizierte Wilken auch, dass alle Beteiligten als rechtsextrem einzustufen seien. Nichts davon ist wahr: Weder Marie noch Julia sind aktuell Mitglied bei Radfem Berlin, Julia ist nicht Teil der Heritage Foundation und RFB ist alles andere als rechts.

2018 wurde Julia Beck aus der LGBTQ-Kommission der Stadt Baltimore ausgeschlossen, wo sie Lesben in der Kommunalpolitik vertrat. Sie wurde von einem Mann, der zu diesem Zeitpunkt als Frau auftrat (ein Mann, der angab, eine Transition vollzogen zu haben, sich jetzt aber wieder als Mann identifiziert), der Transphobie bezichtigt, und aufgrund dieser Anschuldigung von der Kommission ausgeschlossen. Infolge dieser Kontroverse wurde Julia von der Heritage Foundation zu einer Podiumsdiskussion über geplante Gesetze, die die Rechte von Frauen berühren, eingeladen. Dass Julias politische Ausrichtung im Widerspruch zu den Ansichten der Heritage Foundation steht, wurde während der Veranstaltung, die den Titel “Concerns from the Left” trug, explizit erwähnt. Ähnlich wie im Fall von Julia Becks Ausschluss aus der LGBTQ-Kommission wurde auch Marie-Luise Vollbrechts Redefreiheit als Wissenschaftlerin am 2. Juli 2022 erheblich beschnitten, als ihr Vortrag mit dem Titel “Geschlecht ist nicht (ge)schlecht” zunächst unter dem Vorwand von Sicherheitsbedenken abgesagt wurde – womit die Humboldt- Universität den Ankündigungen von Transaktivisten, die Veranstaltung zu stören, nachgab.

Wir, das Radfem Kollektiv Berlin, betrachten die historische geschlechtsspezifische Unterdrückung von Frauen als ein wesentliches und entscheidendes Thema für die Befreiung von Frauen und wehren uns dagegen, dass man uns daran hindern will, diese Unterdrückung als geschlechtsspezifisch zu benennen. Wir stehen sowohl an der Seite von Radfem Berlin und unserer feministischen Schwester Julia Beck angesichts des Versuchs, beide als “Quelle des Bösen” zu diffamieren, als auch an der Seite von Marie-Luise Vollbrecht, die medial auseinandergenommen und verteufelt wurde. Wir verurteilen Wilkens Versuche, Frauen und Feministinnen zum Schweigen zu bringen, in dem wir fälschlich der Transphobie und der Zugehörigkeit zum rechten Spektrum bezichtigt werden. Wilken fördert den frauenfeindlichen Diskurs einer männlich dominierten Weltsicht, die sich als Aktivismus tarnt.

Radfem Kollektiv Berlin


Statement on the Panel Discussion “Opinion, Freedom, Science – Treatment of Societal Controversies at the Universities”

On 14th July 2022, at the panel discussion “Meinung, Freiheit, Wissenschaft – der Umgang mit gesellschaftlichen Kontroversen an Universitäten” at Humboldt University of Berlin, Jenny Wilken made several false accusations against the feminist group Radfem Berlin and Julia Beck. We condemn Wilken’s statements as an attempt to silence women’s political dissent especially on an issue that affects women directly.

When asked to back up the accusation that Marie-Luise Vollbrecht’s presentation “Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht: Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“ contained transphobic statements, Wilken responded by associating Vollbrecht with the Berlin-based group Radfem Berlin (RFB) and with our friend Julia from Radfem Kollektiv Berlin (RKB). Radfem Berlin and Radfem Kollektiv Berlin are two separate groups, each is formed of women from various places and backgrounds and adopts anti-racist principles with a pro-Lesbian and radical feminist perspective. Despite this, Wilken implied that Marie-Luise Vollbrecht is guilty of transphobia by association with Julia Beck through Radfem Berlin. With the claim “Julia Beck is from Heritage Foundation” Wilken also implied that all involved should be considered right-wing. None of this is true: neither Marie nor Julia are currently members of Radfem Berlin, Julia is not part of the Heritage Foundation, and RFB is the opposite of right-wing.

In 2018, Julia Beck was excluded from Baltimore City’s LGBTQ commission where she represented lesbians in local government. She was accused of transphobia by a man who posed as a woman at the time (a man who claimed to have transitioned but now identifies as a man again), and based on this accusation she was excluded from the commission. As a result of the controversy, Julia was invited by the Heritage Foundation to a panel discussion on proposed legislation affecting women’s rights. The fact that Julia’s political orientation contradicts that of the Heritage Foundation was explicitly stated during the event, which was titled “Concerns from the Left.” Similar to Julia Beck’s exclusion from the LGBTQ commission, Marie-Luise Vollbrecht’s freedom to speak as a researcher was severely restricted on 2 July 2022 when her lecture titled “Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht“ was initially cancelled under the pretext of security concerns, through which Humboldt-Universität gave in to transactivists’ threats of interference.

We, Radfem Kollektiv Berlin, recognise the historical sex-based oppression of women as a central issue for women’s liberation and we reject the attempts to stop us from naming this oppression as sex-based. We stand in solidarity with Radfem Berlin and our feminist sister Julia Beck against the attempt to slander them as the “source of evil” as well as with Marie-Luise Vollbrecht who was demonised under scrutiny. We condemn Wilken’s attempts to silence women and feminists by falsely accusing us of transphobia and right-wing affiliation. Wilken feeds a misogynistic discourse of the male dominated worldview disguised as activism.

Radfem Kollektiv Berlin