Stellungnahme des Radfem Kollektiv Berlin zur Ausladung im Rahmen des Interessensbekundungsverfahrens zum “Aktionsplan Queer Leben”, 04.03.2023
Seit Jahren sehen sich feministische Gruppen mit der aggressiven und anhaltenden Forderung konfrontiert, alle Menschen, die Unterdrückung oder Diskriminierung erfahren, einzubeziehen. Diese Forderung kommt nicht nur von anderen politisch orientierten Gruppen, sondern auch von privaten und staatlichen Institutionen, die verschiedene Formen der politischen Zusammenarbeit und finanziellen Unterstützung bereitstellen. Das Organisieren nur für und mit Frauen und Lesben wird als Bigotterie stigmatisiert, wobei “Frau” selbst zu einem Unwort wird; Feministinnen, die auf frauenzentrierte Organisationsprinzipien bestehen, werden permanent dämonisiert und geächtet. Was wir jetzt mit unserer Ablehnung des Queer Leben Aktionsplans erleben, ist ein gutes Beispiel für eine patriarchale Umkehrung.
Inklusion ist eine notwendige Perspektive. Wir müssen die Bedürfnisse und Geschichten, Unterschiede und Hierarchien zwischen Frauen verstehen, wenn wir uns organisieren. Die Worte derjenigen Frauen unter uns, deren Stimmen nicht aus der dominierenden Mehrheit kommen, sollten unbedingt gehört werden. Wir sollten Frauen nicht ausgrenzen und dämonisieren, wenn sie nicht mit der Mehrheit übereinstimmen. Wir denken allerdings, dass dieser Gedanke der Inklusion als Waffe gegen bestimmte Feministinnen eingesetzt wurde.
Radikale und lesbische Feministinnen beschäftigen sich seit langem mit Analysen aller Aspekte der Sexualität in unseren hetero-bezogenen Gesellschaften unter männlicher Herrschaft. Dass sich die männerzentrierte Sichtweise in der aktuellen Welle der progressiv propagierten Queer-Politik und ihrem Kernthema, der Geschlechtsidentität, fortsetzt, überrascht uns daher nicht. Feministinnen, die eine radikale und lesbisch-feministische Kritik der Geschlechtsidentität vertreten, werden aggressiv ausgegrenzt, und diese Ausgrenzung wird weithin akzeptiert und sogar propagiert. Wieder und wieder wurde uns gesagt, dass das queere Verständnis von Geschlecht und Sexualität eine fortschrittliche und weiterentwickelte Version der radikalfeministischen Analyse dieser Themen ist, aber wir sind uns sehr wohl bewusst, dass Fortschritt nicht linear verläuft und männliche Herrschaft als kontinuierlicher Backlash gegen das, was Feministinnen aufzeigen und durchsetzen, funktioniert.
Die Ablehnung der Beteiligung des RadFem Kollektivs Berlin am Aktionsplan Queer Leben geht einher mit der weit verbreiteten politischen Ausgrenzung von radikalen und lesbischen Feministinnen. Die an autonome feministische Gruppen gerichtete Forderung nach Inklusion verwandelt sich in einen Akt der Exklusion seitens einer Institution mit realer politischer Macht. Wir verstehen diese politische Strategie der Ausgrenzung radikaler und lesbischer Feministinnen als antifeministisch und anti-lesbisch.
Statement of the Radfem Kollektiv Berlin on the exclusion from the call for participation in the “Aktionsplan Queer Leben” (Queer Life Action Plan), 04.03.23
For years, feminist groups have been confronted with the aggressive and persistent demand to be inclusive of all people who experience oppression or discrimination. This demand comes not only from other politically-oriented groups, but also from both private and state-affiliated institutions that provide various forms of political collaboration and financial support. Women-only and lesbian-only organizing is stigmatized as bigotry, with “woman” itself becoming a dirty word; feminists who insist on female-centric organizing principles are continuously demonized and ostracized. What we witness now with our rejection from the Queer Leben Aktion Plan is a good example of a patriarchal reversal.
Inclusion is a needed perspective. We need to understand the needs and histories, differences and hierarchies within women while organizing. It should be important to hear the words of the women among us, whose voices are not from the dominant crowd. We shouldn’t ostracize and demonize women because they don’t agree with the majority. Yet, we believe this idea of inclusion has been used as a weapon against certain feminists.
Radical and lesbian feminists have long been busy with analyses of all aspects of sexuality in our hetero-relational societies under male domination. Therefore we are not surprised that the male-centered view continues in the current wave of progressively-advertised queer politics and its paramount issue, gender identity. Feminists holding a radical and lesbian feminist critique of gender identity are subjected to an aggressive exclusion, and this exclusion is widely accepted and even promoted. We’ve been told time and time again that the queer understanding of sex and sexuality is a progressed and evolved version of radical feminist analysis of these, but we are well aware that progress is not linear, and male domination functions as a continuous backlash against what feminists reveal and achieve.
We observe the rejection of RadFem Kollektiv Berlin’s collaboration in the Queer Leben Aktion Plan in parallel to this widespread political exclusion of radical and lesbian feminists. The demand for inclusion directed at autonomous feminist groups turns into an act of exclusion by an institution with real political power. We understand this political strategy of radical and lesbian feminist exclusion as anti-feminist and anti-lesbian.